Walk & Talk: Flusswärme aus dem Neckar - Für Fellbach interessant?
Der Wettergott meinte es wieder einmal gut mit den rund 10 Teilnehmern, die sich am Muttertag in Oeffingen zum walk & talk einfanden. Diesmal ging es um die Frage, ob Flusswärme aus dem Neckar für die Wärmeversorgung von Fellbach genutzt werden kann.
Dazu hatten die Organisatoren Tilmann Wied vom SVF und Petra Hübner vom NABU einen kompetenten Fachmann aus der Praxis gewinnen können: Verfahrensingenieur Georg Baumgärtner von der MVV Energie AG aus Mannheim. Dass dieser mit profunden Fachkenntnissen aufwarten konnte, merkte man sofort. Und nicht nur das: Georg Baumgärtner nahm die Gruppe methodisch geschickt mit auf die Reise. Angesichts des technisch anspruchsvollen Themas eine clevere Idee.
So konnten die Teilnehmer zu Beginn mit einer kleinen Fragerunde ihr Wissen testen. Allein die Frage wie hoch der Anteil an erneuerbaren Energien in Deutschland ist, war spannend. Liegt er bei der Stromgewinnung immerhin schon bei 50 %. Betrachtet man jedoch die Wärmegewinnung, so liegt Deutschland aktuell bei lediglich 18 %. Vor dem Hintergrund der Klimaentwicklung, sowie der weltweiten Zielsetzungen ergibt sich damit noch sehr viel Handlungsbedarf.
Und damit stellte sich auch schon die Frage, was für Fellbach denkbar wäre. Etwa Wärme aus dem Neckar? Das Wärmepotential eines Flusses ist enorm. Wenn man aus dem Neckar, der bei Fellbach-Oeffingen im Jahresdurchschnitt eine Wassermenge von rund 50 m³ pro Sekunde führt, nur einen Teilstrom von etwa 1 m³ pro Sekunde in einer Wärmepumpe nutzt und um 3 Grad abkühlt, könnte man mehrere Tausend Haushalte mit Wärme versorgen. Das ist ganzjährig möglich, außer der Neckar ist vereist. Das Wasser wird dem Fluss wieder zugeführt werden, nur etwas kälter als vorher.
Wie das funktioniert, zeigte Baumgärtner anhand eines mitgebrachten Modells. Ein Flusswärmekraftwerk funktioniert bildlich gesehen wie ein Kühlschrank. Über einen Verdampfer wird dem Wasser Wärme entzogen, welche in einem Verdichter unter Einsatz von elektrischem Strom auf hohem Druck und Temperatur komprimiert wird. Die im Anschluss über einen Kondensator gewonnene Energie kann dann mittels eines Fernwärmenetzes verteilt werden. Soweit in der Theorie.
In der Praxis ergeben sich für Fellbach gleich mehrere Hürden, die einem solchen - durchaus interessanten - Projekt bislang im Wege stehen. So ist Anrainerfläche am Neckar nur ca. 40 m auf Fellbacher Gemarkung. Eine notwendige Fernwärmeleitung durch das Lange Tal könnte an ökologischen Gründen scheitern. So wurde im Langen Tal vor einigen Jahren durch Renaturierung eine Ausgleichsfläche geschaffen. Als Ausgleich für den vor vielen Jahren gebauten Kappelbergtunnel.
Der Bau einer Fernwärmeleitung beziehungsweise einer Flusswasserleitung über eine Länge von ca. 3 km ist unter wirtschaftlichen Aspekten eine Herausforderung. Baumgärtner führte an dieser Stelle aus, dass bei dem in Mannheim vor kurzem gebauten Flusswärmekraftwerk bereits eine komplette Infrastruktur durch ein bestehendes Kraftwerk vorhanden war.
Zu diesen Hemmnissen kommen auch wirtschaftliche Aspekte hinzu. Hohe Investitionen wären notwendig, die sich lediglich mittels entsprechender Förderprogramme darstellen ließen. Das Fazit war, dass wir sehen müssen welche Wärmequelle zukünftig die Konkurrenzfähigste ist. Zu früh sollte nichts ausgeschlossen werden. Die MVV setzt jedenfalls weiter auf die Flusswärme und geht den Bau einer 150 MW Wärmepumpe an, um die Kohlekraftwerke Stück für Stück zu ersetzen – da könnte man in Fellbach fast neidisch werden.