Beringung Wanderfalkenküken GEWA-Tower
Fellbach, 9. Mai 2018 - Wanderfalken am GEWA-Tower haben Nachwuchs
Bruterfolg der geschützten Vögel gleich beim ersten Versuch - zwei Junge sitzen in der Nestbox des NABU und wurden beringt
Die Wanderfalken am Fellbacher GEWA-Tower haben mit ihrem Auftauchen im höchsten Wohnhaus Baden-Württembergs ja schon für Schlagzeilen gesorgt. Nun ist die kleine Sensation perfekt: Die Falken haben Küken. Es sitzen tatsächlich zwei Jungvögel im Alter von etwa zweieinhalb Wochen in dem Nistkasten, den Ehrenamtliche des NABU erst vor wenigen Wochen auf dem Hochhaus installiert haben.
„Beide Junge sind damit im idealen Alter, um beringt zu werden“, erklärt Michael Eick, Vogelkundler beim NABU Fellbach. Er hatte die Rückkehr des Wanderfalken nach Fellbach beobachtet und den Verlauf des Geschehens dokumentiert. Zusammen mit Jürgen Becht von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW) und Herbert Kugel, einem weiteren Ehrenamtlichen des NABU Fellbach wurde die Beringung der beiden Jungfalken durchgeführt. Dazu bekamen die Vögel einen Nummernring der Vogelwarte und einen speziellen Kennring ans Bein. „Die Ringe beeinträchtigen die Falken nicht“, beruhigt Jürgen Becht. „Der Durchmesser ist auf die Dicke Beine abgestimmt.“ Sie dürfen nicht zu eng sein, dass es einschneidet und nicht zu weit, dass sie über ein Gelenk rutschen können. Die Jungen müssen ein Mindestalter haben, damit die Beine ausgewachsen sind. Die Vermessung der Flügel erbrachte hierfür den Beweis: Die kleinen Falken - es sind beides übrigens Weibchen - sind 18 Tage alt. Sie bringen je ein Gewicht von um die 600 Gramm auf die Waage. Bis sie groß genug für ihren ersten Flugversuch sind, wird noch einige Zeit vergehen. Die beiden Falkeneltern versorgen sie aber reichlich mit Beute. Die Kröpfe der Jungen waren jedenfalls gut gefüllt, im neuen Kasten lagen viele Federn von Beutevögeln: Elstern, Tauben, auch von einem Star, dem Vogel des Jahres. Die drei Vogelkundler waren sich einig, der Standort im Fellbacher Hochhaus ist ein idealer Platz
Das Weibchen beobachtet die Beringung argwöhnisch.
Becht hat für die AGW schon hunderte Wanderfalken beringt, Nistkästen installiert und Brutplätze bewacht. Der Falkenhorst im GEWA-Tower war jedoch vermutlich einer der höchsten Plätze an denen er gearbeitet hat. Die 34 Stockwerke meisterte der 77jährige Routinier ohne Zwischenrast - und ohne Aufzug. „Wir haben uns gewundert, wie schnell wir zu Fuß oben waren.“ Die Aussicht vom Dach sei sehr beeindruckend, gibt er zu. „Keine Wunder haben sich die Wanderfalken für einen solchen Platz entschieden.“ Dabei war einige Zeit nicht ganz klar, ob die Falken nun wirklich brüten oder nicht, obwohl sie den Kasten gleich am allerersten Tag angenommen hatten. Herbert Kugel und Michael Eick vom NABU haben die Situation seit Einrichtung des Nistkastens genau beobachtet: „Es war in den letzten Wochen sehr ruhig am Kasten und wir konnten nicht genau erkennen, ob schon Junge geschlüpft waren.“ Außerdem sei das Weibchen noch recht jung und demnach relativ unerfahren beim Brüten. „Sie saß manchmal stundenlang draußen vor der Nestbox“, so Kugel. Allerdings hat in dieser Zeit wohl das deutlich ältere Männchen das Brutgeschäft übernommen und saß auf den Eiern, um weiterzubrüten. Vor wenigen Tagen gelang dann die Beobachtung eines Kükens im Kasten. „Man sah gerade so ein kleines weißes Köpfchen herausschauen“, freut sich Ornithologe Eick. Ab da war klar: Der Wanderfalke ist nach mehreren Jahren Pause wieder als Brutvogel zurück in Fellbach. Das Paar der schnellsten Vögel der Welt hatte gleich beim ersten Brutversuch Erfolg. Auch für die Experten des NABU ist das ein großer Erfolg. Schließlich ging damit der Plan auf, den geschützten Vögeln ein sicheres Domizil zu bieten.
Jürgen Becht und Herbert Kugel mit den beiden firsch beringten Wanderfalkenküken auf dem GEWA-Tower.
Nebenbei wurde mit der Einrichtung des Nistkastens die Gefahr eines drohenden Baustopps im Falle eines weiteren Ausbaus erfolgreich vermieden. Eick stellt klar: „Es ist wichtig zu wissen, dass gerade durch unseren Nistkasten eben kein Artenschutzproblem am GEWA-Tower entstanden ist.“ Dieses Problem hätte es aber gegeben, wenn die Falken „wild“ in einem der Stockwerke gebrütet hätten. Deshalb habe man sich eng mit Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli von PLUTA abgestimmt. Mit der Nestbox wurde die Chance auf einen weiteren Ausbau des Gebäudes gewahrt und nicht - wie inzwischen immer wieder behauptet - der Weiterbau am Tower verhindert. „Die Falken wohnen auf dem Dach und ein Innenausbau der Etagen oder ähnliche Baumaßnahmen würden sie nicht stören.“ Auch andere Wanderfalken-Experten von der AGW und die zuständige Naturschutzbehörde haben ebenfalls keine Bedenken für weitere Bautätigkeiten gesehen. „Damit haben wir im Grunde eine mögliche Fertigstellung des Towers gerettet,“ betont NABU-Sprecher Eick. Nur wann diese komme sei eben nach wie vor unklar. Die Wanderfalken stört das offenbar nicht, sie fühlen sich auch als alleinige Bewohner sichtlich wohl, wie der Nachwuchs zeigt.
Die neuen Bewohner im GEWA-Tower sollen Namen erhalten
Die Leser der Fellbacher Zeitung sind aufgerufen, Namensvorschläge für die Wanderfalkenfamilie einzureichen. Gesucht wird ein Name für das Weibchen, einer für das Männchen und zwei für die beiden frisch beringten weiblichen Küken. Vorschläge können unter dem Stichwort „Tower-Falken“ per Post oder E-Mail an die FZRedaktion gesandt werden (Lise-Meitner-Straße 4, 70736 Fellbach oder redaktion[at]fellbacher-zeitung[dot]de) Einsendeschluss ist Sonntag, 20. Mai. Aus den Vorschlägen werden vier Namen gewählt oder – etwa bei Doppelnennungen – gelost. Die Namensgeber werden als „Taufpaten“ genannt und erhalten einen Einkaufsgutschein.
Der Terzel hat derweil schon wieder Beute gemacht (alle Bilder Michael Eick)