Vogelschutzgebiet - Vögel im Hartwald - Gartenrotschwanz
Ein Charaktervogel der schwäbischen Savanne
Der Gartenrotschwanz ist der typische Bewohner der Streuobstwiesen
Er gehört zur Remstäler Streuobstwiese wie der Bittenfelder Apfel oder die Hedelfinger Riesenkirsche – der Gartenrotschwanz. Mit seinem bunten Gefieder zählt er sicher zu den schönsten Vertretern der heimischen Vogelwelt. Bei einem Rundgang durch die Oeffinger Obstwiesen oder die Gärten zwischen Fellbach und Kernen kann man diesen Singvogel eigentlich gar nicht verpassen.
Ein typischer Spaziergang im Frühling: Ein Meer aus blühenden Obstbäumen, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Im allmorgendlichen Konzert trällert ein Vogel, dem man seine weite Reise aus der afrikanischen Savanne nicht anmerkt. Der Gartenrotschwanz ist sozusagen der absolute Charaktervogel der Streuobstwiesen, die den Savannenlandschaften in Afrika gleichen. Dieser wunderschöne Vogel ist die perfekte Abrundung des landschaftlichen Erlebnisses aus Frühlingsduft, Blütengewand und Sonnenstrahlen. Sein feiner Gesang ist je nach Witterung ab Mitte/Ende April überall aus den Obstwiesen und Gärten zu hören; manchmal sogar mitten in der Stadt, wo er mitunter in großen parkartigen Gärten sein Quartier bezieht. Sehr selten findet man ihn alten Wäldern Bereich großer Lichtungen oder am Waldrand.
Meist ganz oben auf einer Baumspitze lässt der männliche Gartenrotschwanz sein Lied ertönen. Dabei kann man ihn gut beobachten und sein wunderschönes Gefieder bewundern: orangefarbener Bauch, schwarzes Kehle und Gesicht, weißer Stirnfleck, bläulich-grauer Rücken, dunkelgraue Flügel und natürlich der namensgebende rostrote Schwanz. Durch diesen farblichen Mix kann man den Gartenrotschwanz zu den buntesten heimischen Vögeln zählen. Das Weibchen kommt zwar, wie so oft in der Vogelwelt, deutlich unscheinbarer daher. Die Damen sind beige-grau mit heller Unterseite, aber auch sie haben einen rötlichen Schwanz. Sie ähneln damit sehr dem nahe verwandten Hausrotschwanz, der sehr viel häufiger vorkommt und überwiegend in den Ortschaften brütet, während der Gartenrotschwanz die Ortsränder oder Lagen außerhalb der Ortschaften bevorzugt.
Die Brutsaison reicht von Mai bis Juli. Oft reicht es dem Langstreckenzieher sogar zu zwei Jahresbruten. Der Gartenrotschwanz nistet in Baumhöhlen, Nischen oder natürlich in Nistkästen, die für die Stützung des Bestandes sehr wichtig sind. Das Nest ist locker aus Gräsern und Pflanzenstängeln geformt und innen mit Federn und Haaren ausgelegt. Darin legt das Weibchen fünf bis sieben grünlich-blaue Eier, die es ziemlich genau zwei Wochen lang bebrütet. Die Jungen bleiben weitere zwei Wochen im Nest und werden von beiden Eltern mit von Insekten und deren Larven gefüttert. Die Jungen ähneln nach dem Ausfliegen sehr stark den Weibchen und werden von den Eltern stets aufgeregt bewacht. Das warnende „wieh-teck-teck“ ist dabei ständig zu hören.
Schon im Sommer verlässt der Gartenrotschwanz sein Brutgebiet und zieht in die Savannengebiete Afrikas nördlich des Äquators. Offenbar ist die Baumsavanne der Lebensraum, der diesem Vogel am meisten zusagt, weshalb er sich in der Umgebung des Vogelschutzgebiets Unteres Remstal, zu dem der Oeffinger Hartwald zählt, besonders wohl fühlen dürfte. Hier brütet er mit mehreren Dutzend Brutpaaren, womit das Gebiet zu einem der wichtigsten Brutgebiete in der Region zählen dürfte. Allerdings ist er im ganzen Remstal zum Glück ein eher häufiger Brutvogel, hier gibt es vermutlich mehr Brutpaare als in allen östlichen Bundesländern zusammen. Seine Verteilung innerhalb Deutschlands ist sehr ungleichmäßig mit einer klaren Häufung im Südwesten, wo er von den ausgedehnten Streuobstwiesen profitiert.
Auch wenn er zwar aus der neuesten Version der Roten Liste der Vogelarten in Deutschland von der so genannten Vorwarnliste entlassen worden ist, sind doch in einigen Teilen Europas seine Bestände immer noch rückläufig. Auch in Baden-Württemberg hatte sich die großflächige Zerstörung der Obstwiesen stark negativ auf den Bestand ausgewirkt. So wurde in den 1950er Jahren etwa die Hälfte der heimischen Streuobstwiesen in gerodet und in Obstplantagen umgewandelt. Auch wenn diese verheerende Entwicklung, die durch Rodungsprämien auch noch staatlich gefördert wurde, mittlerweile der Vergangenheit angehört, so gibt es immer noch einige Problem mit denen der Gartenrotschwanz zu kämpfen hat: Besonders die langen Wanderungen führen zu erheblichen Verlusten unter der Population. Die Gartenrotschwänze müssen zunächst einmal die Überquerung der Sahara überleben. Häufig auftretende Trockenperioden während der Überwinterung in der Sahelzone sorgen regelmäßig für ein regelrechtes Massensterben. Doch das größte Problem dürfte der großflächige Einsatz von hochgiftigen Pestiziden sein. Der insektenfressende Gartenrotschwanz verhungert dadurch elendig im Winterquartier oder wird mitunter sogar direkt getötet, wenn die enormen Giftmengen per Flugzeug ausgebracht werden. So kann man nur hoffen, dass unsere heimischen Gartenrotschwänze nächstes Jahr wieder alle wohlbehalten an ihren Burtplatz zurückkehren, dem sie oft über Jahre hinweg treu bleiben. Damit der nächste Frühlingsspaziergang wieder mit dem Erlebnis dieses fröhlich zwitschernden Vogels gekrönt wird, dem man nicht anmerkt, welch gefährliche Reise er hinter sich hat.
(alle Fotos M.Eick)