Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf
Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf
Rund 20 Teilnehmer fanden sich vergangenen Sonntag bei bestem Spätsommerwetter am Fuße des Kappelbergs ein. War es das spannende Thema, das lockte? Jedenfalls gab es zu Beginn erst einmal ein Geschenk: Das Grundgesetz als Miniaturausgabe. Denn auch darum ging es beim walk & talk. Um unsere Demokratie. Hierzu konnte Winfried Bauer als engagierter und fachkundiger Referent gewonnen werden. Sehr zur Freude der Organisatoren des walk & talk, Petra Hübner vom NABU und Tilmann Wied vom SVF.
„Geschichte darf sich nicht wiederholen“ – mit diesem Statement wartete Winfried Bauer bei seinen Ausführungen auf.
Es ist gerade mal gute hundert Jahre her, als 1919 eine Reihe politisch geprägter Morde geschah. Damals ließen unter anderem Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ihr Leben, weil sie für Werte der jungen Republik einstanden. Und es gärte weiter. Die NSDAP operierte damals im Untergrund und dezentral strukturiert. Bis Gustav Stresemann im Jahr 1929 im Reichstag klare Worte fand und die politische Vereinigung verbot. Doch die Wirkung war kurzfristig, die bereits unheilvoll gesäte Saat keimte weiter und mündete bekanntermaßen in einem verheerenden Krieg.
In den Nachkriegsjahren versuchten nicht wenige Politiker die junge Republik möglichst schnell wieder in ruhigere Zeiten zu lenken. Das dabei die unliebsame Vergangenheit schnell in Vergessenheit geraten sollte, war auch politisch gewollt. Nicht wenige Politiker wollten schnell „einen Schlussstrich ziehen“. Und so kam es auch. Infolgedessen, wurden gerade mal 1 % der Kriegsverbrecher vor Gericht verurteilt.
Und heute, rund 80 Jahre nach Kriegsende, fragte Winfried Bauer in die Runde? Wie gesattelt ist unsere Demokratie, die erst dieses Jahr mit 75 Jahre Grundgesetz gefeiert wurde. Können wir auf unsere Stärke vertrauen und darauf, dass wir weiterhin in Frieden leben können?
Die Ereignisse insbesondere der letzten fünf Jahre lassen aufhorchen. Es war 2019, als ein politisch motivierter Mord geschah. An dem Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Ausgeführt von einem Rechtsextremisten.
Flankiert von bislang über 10.000 politisch einzustufenden Straftaten bundesweit. Oft zum Nachteil von Menschen, die ihre Heimat unter großen Gefahren und aus politischen Gründen verlassen haben, um bei uns Schutz zu finden. Menschen, die sich sehr oft gut und schnell integrieren und unsere Volkswirtschaft als Arbeitskräfte stärken. Daher stellt sich natürlich die Frage nach dem Warum. Hier sind die Ursachen sehr vielfältig. Besondere Sozialisierungen sind genauso der Grund, wie zaghaftes Zuwarten und deplatziertes Relativieren. Auch so mancher Spitzenpolitiker ehemals großer Volksparteien gefällt sich zudem in unüberlegtem Schwadronieren und leistet damit rechtsextremen Strömungen sogar noch Vorschub.
Damit kommt man schnell zu der Frage: Kann man rechtsextreme Parteien nicht doch verbieten? Und dann? Ist damit das Problem des Abdriftens gelöst? Winfried Bauer skizziert hierzu gut recherchiert und nüchtern zugleich, dass die unheilvolle Entwicklung schon weit vorangeschritten ist. Viele politischen Möglichkeiten wurden bereits regelrecht verschlafen. Dazu passt auch die Aussage von Philipp Ruch „Es ist 5 vor 1933“.
Und wir? Können wir etwas tun und wenn ja was?
Ja, sehr wohl. Genauso wie etliche bekannte Akteure wie z.B. die Deutsche Kreditbank, Reinhold Würth, EDEKA und der Deutsche Industrie- und Handelstag kann jeder Einzelne von uns die Demokratie verteidigen. So zum Beispiel durch unsere Wahlbeteiligung generell und die Stimmabgabe insbesondere.
Winfried Bauer wies darüber hinaus auf das Zeichnen von Petitionen hin, wie z.B. https://aktion.oxfam.de/tax-the-rich.
Was hat eine Vermögensteuer für Superreiche mit Demokratie zu tun? Nun sehr viel. Mal abgesehen von dem Ungleichgewicht, könnte sehr wirksam der Staatshaushalt komplett saniert werden. Und damit viel Nährboden für rechtsextreme Gesinnung aufgelöst werden. Ferner können wir Bündnissen für Demokratie beitreten und diese unterstützen.
Und natürlich können wir im Alltag Position beziehen, jeder auf seine Weise.
Bericht und Bilder: Petra Hübner (NABU) & Tilmann Wied (SV Fellbach)